Tipps

Auf nach Europa

Erfolgreiche Internationalisierung Ihrer Organisation

Die Europäisierung oder Internationalisierung einer Organisation ist ein komplexes Thema. Dieser Prozess bringt sowohl interessante Möglichkeiten, als auch diverse Herausforderungen mit sich (5 Chancen und 5 Herausforderungen finden Sie hier). Lernen Sie von den Erfahrungen anderer: Lassen Sie sich von ihren Erfolgsgeschichten inspirieren, aber wiederholen Sie nicht ihre Fehler. Suchen Sie Ihnen bekannte Organisationen, die bereits Erfahrungen mit internationaler Arbeit gesammelt haben. Denn sie können Ihnen wertvolle Tipps geben. Die folgenden zehn Tipps resultieren aus Erfahrungen und Know-how der Partnerorganisationen im Rahmen des Projekts „Europäisierung“ sowie aus einer Umfrage zur Internationalisierung von Bildungsorganisationen. Diese Umfrage wurde zwischen Mai und Juli 2015 durchgeführt. 520 Personen aus mehr als 30 Ländern, darunter alle EU-Mitgliedstaaten, nahmen daran teil. Die Ergebnisse dieser Online-Umfrage stehen Ihnen in Form eines statistischen Gesamtberichts zur Verfügung.

Top 10 Tipps

1. Beginnen Sie mit der Suche nach zuverlässigen Partnern für die internationale Zusammenarbeit in Ihrem unmittelbaren Umfeld.

Fragen Sie in Ihrem Team nach persönlichen Kontakten zu Fachkollegen aus dem Ausland und früheren internationalen Kooperationspartnern. Erweitern Sie im Folgenden den Kreis und fragen Sie Ihre regionalen und nationalen Partner nach Empfehlungen für Auslandskontakte. Wenn möglich, reaktivieren Sie ehemalige Partnerschaften. Im Allgemeinen führt die Suche nach zuverlässigen Partnern im nahen und erweiterten Umfeld zu ersten Erfolgen.

Ein nächster Schritt ist die Suche über berufliche soziale Online-Netzwerke wie „LinkedIn“. Wir empfehlen den Weg über thematische Fachgruppen, die von LinkedIn-Nutzern gegründet und verwaltet werden. Allein die Gruppe EU Project Partner Search hat mehr als 32.000 Mitglieder. Unsere Europeanisation Projektgruppe bei LinkedIn hatte nach nur einer Woche 800 Mitglieder.

Alternativ bieten die Programmverwaltungen und Informationszentren der Europäischen Union viele Datenbanken an, über die potenzielle Partner identifiziert werden können.

Eine mögliche Datenbank ist das Enterprise Europe Network. Sie umfasst 600 Industrie- und Handelskammern, Technologiezentren, Universitäten und Entwicklungsagenturen aus allen EU-Mitgliedstaaten und weiteren 40 Ländern, deren Ziel es ist, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu unterstützen, um „ihre Geschäftsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb der EU optimal zu nutzen“. Identifizieren Sie zunächst Ihre regionale EEN-Kontaktstelle. Kontaktieren Sie Ihre Beraterin bzw. Ihren Berater, erläutern Sie Ihr internationales Vorhaben und lassen Sie sich beraten.
Wissen Sie bereits, in welchem Land Sie Partner suchen? Dann wenden Sie sich in der entsprechenden Region direkt an eine EEN-Vertretung. Wenn Sie zum Beispiel ein deutscher Anbieter in der Erwachsenenbildung sind und Sie suchen einen ungarischen Kooperationspartner, dann sprechen Sie EEN-Mitglieder in Ungarn an wie z. B. die Industrie- und Handelskammer in Szeged.

Eine weitere Möglichkeit, Kooperationspartner zu suchen, ist das KMU-Internationalisierungsportal. Organisationen im Bereich der Erwachsenenbildung können zur Partnersuche das Tool E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa nutzen. Im Bereich Forschung und Entwicklung bietet die Suchmaschine des Forschungs- und Entwicklungsinformationsdienst der Gemeinschaft eine Möglichkeit, internationale Partner zu finden. Für den Bereich Jugend wird die Datenbank Otlas angeboten.

Ein weiterer Ansatz, internationale Partner zu finden, ist der Weg über die zwei Transparenzinstrumente der EU: die Datenbank für EU-Fördermittel-Begünstigte (Fördermittel und Dienstleistungen) sowie das Verzeichnis der Interessensvertretungen bei der EU. Die Datenbank der Interessensvertreter umfasst gewinnorientierte, Non-Profit- und öffentliche Organisationen aus allen Ländern, die über Lobbyarbeit den europäischen Gesetzgebungsprozess beeinflussen wollen. Einige der hier registrierten Organisationen sind Dachverbände wie zum Beispiel The European Association for the Education of Adults. Ihre Mitglieder sind nationale Verbände für die Erwachsenenbildung aus mehr als 50 Ländern. Könnte eine dieser Organisationen Ihr zukünftiger Partner sein?

2. Vertrauen Sie auf Ihr englisch-sprachiges Personal

Allgemein ist Englisch die am häufigsten verwendete Arbeitssprache in europäischen Partnerschaften.

Im Zuge der Umsetzung Ihrer Internationalisierungsstrategie sollten Sie Schlüsselpersonen in Ihrer Organisation die Vertiefung ihrer Englischkenntnisse ermöglichen und/oder Ihr gut Englisch sprechendes Personal in wichtige Positionen des Arbeitsbereichs Internationalisierung setzen. Wenn beide Vorgehensweisen nicht in Frage kommen, dann achten Sie bei geplanten Neueinstellungen auf sehr gute Fremdsprachenkenntnisse der Bewerberinnen und Bewerber.
Wenn ein Arbeiten in der englischen Sprache vorerst eine zu große Herausforderung darstellt, kann die Zusammenarbeit mit Partnern, die die gleiche Sprache wie Sie sprechen, eine Alternative sein. Um die Sprachkenntnisse Ihres Teams einzuschätzen, können Sie sich an europäischen Standards wie dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen und dem Sprachenpass orientieren. Beide Standards sind mit dem Europass Lebenslauf kombinierbar. Darüber hinaus sind die zwei wohl bekanntesten englischen Sprachtests, der Test of English as a Foreign Language (TOEFL) und der Test of English for International Communication (TOEIC) zu empfehlen.

3. Nutzen Sie EU-Fördermittel

Nutzen Sie EU-Fördermittel für die Umsetzung Ihrer Europäisierungs- bzw. Internationalisierungsstrategie.

Das Budget der Europäischen Kommission für den Zeitraum 2014-2020 beträgt cirka 960 Milliarden Euro. Davon stehen fast 15 Milliarden Euro für das EU-Programm Erasmus+ zur Verfügung. „Erasmus+“ fördert Projekte in den Bereichen Grundschul- und Sekundar-, Hochschul-, Berufs- und Erwachsenenbildung sowie in den Bereichen Jugend und Sport. Jährlich werden von Organisationen aus allen EU-Mitgliedstaaten tausende Projektanträge eingereicht. Die besten Projektvorschläge erhalten eine Förderung, die je nach Fördermaßnahme zwischen 5.000 Euro und mehr als einer Million Euro liegt. Nutzen auch Sie diese Möglichkeit! Für den Zeitraum 2014-2020 hat die EU das Ziel gesetzt, im Rahmen von „Erasmus+“ 125.000 Institutionen durch „strategische Partnerschaften“ zu unterstützen, die Mobilität von zwei Millionen Studenten in der Hochschulbildung zu gewährleisten, 650.000 Auszubildenden die Möglichkeit zu bieten, im Ausland zu lernen und 800.000 Dozenten, Lehrern, Trainern, Sozialpädagogen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Jugendbereich das Lernen, Lehren und Durchführen von Trainings im Ausland zu ermöglichen.

Tauschen Sie sich mit Praktikern aus oder lassen Sie sich beraten, um den EU-Antragsprozess effizienter zu gestalten. Der Berufsverband EU-Fundraising Association e. V. fördert den Austausch unter Praktikern im Bereich der europäischen Projekte und kann Ihnen darüber hinaus Berater und Bildungsanbieter empfehlen.

4. Bauen Sie Beziehungen zu Förderern und Geldgebern auf

Die Europäische Union ist ein wichtiger Ansprechpartner zur Förderung der Europäisierung Ihrer Organisation. Organisationen unterschiedlicher Art und thematischer Ausrichtung können von der EU gefördert werden, wenn sie sich in ihren Projekten mit zentralen EU-Themen beschäftigen und EU-relevante Zielgruppen ansprechen.

Darüber hinaus sind nationale, regionale und kommunale Behörden, internationale Organisationen, Stiftungen, Sponsoren und Banken weitere Ansprechpartner, wenn es um Förderung, Kredite oder Sachleistungen zur Umsetzung Ihrer Europäisierungs- bzw. Internationalisierungsstrategie geht. Beschäftigen Sie sich mit diesen Institutionen und Organisationen, studieren Sie die Förder- bzw. Finanzierungsmöglichkeiten und wählen Sie den zu Ihrer Organisation passenden Ansatz aus. Verfolgen Sie Förderausschreibungen und Bekanntmachungen auf den Webseiten potenzieller Förderer und Geldgeber und besuchen Sie ihre Informationsveranstaltungen und Konferenzen. Ihr Ziel sollte es sein, den Förderer, Sponsor oder Finanzdienstleister zu finden, der am besten zu Ihrer Organisation und Ihrem strategischen Ziel der Internationalisierung passt.

5. Bereiten Sie Ihre Organisation auf das internationale Abrechnungswesen vor

Internationale Zusammenarbeit stellt auch die Finanzabteilung vor neue Herausforderungen. Diese Herausforderungen umfassen Bereiche wie Gesetzgebung, Steuerrecht, spezifische Finanzregeln der Förderorganisationen, internationale Rechnungslegung, Währungsumrechnung und Fachsprache. Hat Ihre Finanzabteilung bisher nicht mit internationalen Lieferanten, Kunden oder Geldgebern zusammengearbeitet, planen Sie gezielte Aktivitäten, um das fehlende Wissen aufzubauen.

Fragen Sie ggf. externe Fachberater. Unterschätzen Sie nicht das Wissen und die Zeit, die von der Buchhaltung in der internationalen Zusammenarbeit gefordert werden. Ein Buchhalter, der sich mit internationalen Finanzen auskennt, kann Ihnen eine große Hilfe bei der Umsetzung Ihres Europäisierungsprozesses sein.

6. Verbessern Sie Ihre Projektmanagementfähigkeiten

Die Ergebnisse der Online-Umfrage unterstreichen, dass mangelnde Kenntnisse zu Projektmanagement-Praktiken eine der größten Herausforderungen für Organisationen sind, die sich internationalisieren. Aus diesem Grund empfehlen wir Organisationen, zunächst ihre Fähigkeiten im Bereich Projektmanagement als eine grundlegende Voraussetzung zur erfolgreichen Umsetzung Ihrer Internationalisierung auszubauen.

Ein erster Schritt ist die Entwicklung und Anwendung organisationsinterner Standards für Ihr Projektmanagement, zum Beispiel an Ihren Bedarf angepasste Projektmanagement-Instrumente wie das Gantt-Chart. Motivieren Sie Ihr Team, nach einem gemeinsamen internen Standard und mit Vorlagen zu arbeiten und entwickeln Sie so eine Projektmanagement-Kultur in Ihrer Organisation.
Führen Sie in einem weiteren Schritt internationale Projektmanagement-Standards ein, wie zum Beispiel ISO 10006, ISO 21500 oder PRINCE2.

Die Einführung und Anwendung internationaler Standards benötigt in der Regel eine Weiterbildung Ihres Personals. Für einige Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnte eine Zertifizierung zum Projektmanager sinnvoll sein. Lassen Sie sich von Fachverbänden beraten! Organisationen wie die „Cyprus Project Management Society“ (CPMS) können Sie dabei unterstützen, eine angemessene Projektmanagement-Methode oder Zertifizierung auszuwählen. CPMS ist Mitglied bei der „International Project Management Association“ (IPMA), eine weltweit anerkannte Projektmanagement-Gesellschaft.

7. Versichern Sie sich der Unterstützung aller Beteiligten in Ihrer Organisation

Eine Europäisierungs- oder Internationalisierungsstrategie wird formell von der Leitung entschieden, praktisch aber vom Team umgesetzt.

Gerade deshalb sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Ausarbeitung der Internationalisierungsstrategie einbezogen werden. Die Einbindung des Teams ist eine Herausforderung, der wir uns nicht nur bei Internationalisierungsstrategien stellen müssen, sondern bei jeder Art von Veränderungen in Organisationen. Bedenken Sie zum Beispiel den Widerstand, den das Installieren eines neuen Betriebssystems auf den Computern einer Organisation auslöst. Ihre Europäisierungs- oder Internationalisierungsstrategie wird das gleiche Phänomen auslösen, wenn Sie Ihrem Team nicht die Gründe für Ihre Entscheidung transparent und nachvollziehbar im Voraus vermitteln.

Erklären Sie die Folgen des gewohnten Szenarios und vergleichen Sie diese mit den zu erwartenden Vorteilen des neuen Szenarios. Nach der Entwicklung und Vorstellung der neuen Strategie sollten Sie diese schnell und methodisch umsetzen. Identifizieren Sie für Ihre Unterstützung „Change Agents“. Als Teil Ihrer Organisation genießen sie das Vertrauen im Team und stehen hinter der Internationalisierung Ihrer Organisation. Lassen Sie sich ggf. von externen Beratern bei der Organisationsentwicklung bzw. beim Change Management begleiten.

8. Internationalisieren Sie die Entwicklung Ihres Personals

Ihr Team kann das größte Hindernis, aber auch der Schlüssel zum Erfolg auf Ihrem Weg zu europäischer Arbeit sein. Sicher ist, dass Sie den Weg nach Europa nur gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ihrer Organisation gehen können. Sie brauchen das Wissen, die Fertigkeiten und Kompetenzen in Ihrem Team, um erfolgreich europäisch zu arbeiten. Aus diesem Grund sollte die Personalentwicklung ganz oben auf der Agenda stehen.

Ihre Personalverantwortlichen müssen von Beginn an über Ihre Strategie informiert werden, um zum einen notwendige Weiterbildungen zu initiieren und zum anderen bei Neueinstellungen den Bedarf an Fachwissen für Ihre europäische Arbeit zu berücksichtigen. Prüfen Sie u. a., ob die folgenden Kompetenzen in Ihrer Organisation vorhanden sind: englische Sprachkenntnisse, Erfahrungen mit nationalen und vor allem europäischen Förderern, Fähigkeiten im Projektmanagement, Kompetenzen im internationalen Rechnungswesen, Kenntnisse über Organisationsentwicklungsprozesse.

Darüber hinaus sollte der Auf- und Ausbau von Kompetenzen, die Ihre Europäisierung unterstützen, in die persönlichen Entwicklungspläne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgenommen werden. Mit dieser Vorgehensweise bereiten Sie Ihre Organisation nicht nur gut auf europäische Arbeit vor, sondern Sie beugen auch internen Widerständen vor, integrieren Ihre Teammitglieder in den Europäisierungsprozess und machen sie zu aktiven Unterstützern.

9. Bauen Sie eine Struktur für die Kommunikation mit Ihren internationalen Partnern auf

Kommunikation gehört zum Fundament jeder Organisation. Sie ist in den ersten Jahren des Bestehens Ihrer Organisation eher informell und wird mit den Jahren und ihrem Wachstum in der Regel zunehmend formalisiert. Internationale Kommunikation erfordert im Allgemeinen eine Weiterentwicklung und Anpassung dieses gewachsenen Systems.

Bedenken Sie zunächst das Profil und die Bedürfnisse der neuen Akteure: beispielsweise neu eingestelltes Personal, internationale Partner, Kunden, Lieferanten und Förderer. Überprüfen Sie dann Ihr aktuelles Kommunikationssystem. Inwiefern ist es für Sie geeignet und was muss entwickelt und angepasst werden?

Eine Herausforderung wird sein, eine gewisse Spontanität bei der Kommunikation zwischen den Akteuren trotz der unterschiedlichen Orte und Sprachen zu gewährleisten. Einige gut gewählte, digitale Kommunikationsinstrumente können diesem Bedarf entsprechen, zum Beispiel Online-Arbeitsräume, gemeinsame Online-Dokumentenverwaltung oder Telefonkonferenzen / Skypekonferenzen.

Denken Sie bei der Entwicklung und Anpassung Ihrer Kommunikationsstruktur auch an weitere wichtige Informations- und Kommunikationsbereiche, wie zum Beispiel an IT-Infrastruktur, Dokumentation und Archivierung, Informationssicherheit und Wissensmanagement.

10. Unterstützen Sie in Ihrer Organisation Innovationen

Den Herausforderungen einer Internationalisierung ist Ihre Organisation besser gewachsen, wenn Ihr Team einen geübten Umgang mit Innovationen hat (lesen Sie hier mehr zu möglichen Herausforderungen).

Etablieren Sie eine Lern- und Entwicklungskultur in Ihrer Organisation. Fördern Sie Kreativität und Vertrauen in Ihrem Team. Ein interner Prozess, der Innovationen in Ihrer Organisation zusammenführt, unterstützt Sie beim aktiven Innovationsmanagement. Unterstützen Sie fortlaufende Verbesserungen und die interne Verbreitung der gewonnenen Erkenntnisse.

Überprüfen Sie nach einem Jahr Ihre Innovationsstrategie. War Ihre Vorgehensweise erfolgreich? Welche konkreten Ergebnisse gibt es? Gibt es noch Innovationspotenzial, das nicht ausgeschöpft wurde? Ist das ganze Team in den Prozess involviert? Ist es mit diesem Ansatz zufrieden? Hat Ihre Organisation im Laufe der Zeit ihre Leistung verbessert?

Die Mitglieder des Projektkonsortiums „Europeanisation“ haben diese zehn Tipps auf der Basis ihrer Fachkenntnisse und Erfahrungen erstellt. Bei Fragen können Sie sie hier kontaktieren.